Rund um die KHW

April 2019 | Presseinformation

Was bringt die EU dem deutschen Handwerk?

Die Europawahl rückt näher. Am 26. Mai können Bürgerinnen und Bürger auch in Deutschland ihre Vertreter für Brüssel mitbestimmen. Von dort wird dann erneut fünf Jahre lang Politik für die rund 512 Millionen Menschen innerhalb der Europäischen Union gemacht. Eine Frage, die angesichts dieser Dimensionen immer wieder aufkommt, ist, inwiefern die Europapolitik überhaupt auf die Bedürfnisse einzelner Länder, Regionen und Berufsgruppen eingehen kann.

Konkret gefragt: Was hat die Europäische Union dem deutschen Handwerk zu bieten? Unter diesem Motto trafen am 04. April Handwerker aus der Region auf Vertreter der großen Nürnberger Stadtratsfraktionen. Als Ort der angeregten Diskussionsrunde diente traditionell das Goldene Posthorn im Herzen der fränkischen Metropole.

Von den Nürnberger Sozialdemokraten kam Thorsten Brehm, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Oberbürgermeisterkandidat für die Kommunalwahlen 2020. Begleitet wurde er von seiner Parteikollegin Claudia Arabackyj, der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD und Nürnberger Stadträtin. Die CSU wurde durch ihren wirtschaftspolitischen Sprecher Thomas Pirner, der zugleich Präsident der Handwerkskammer für Mittelfranken und Handwerksmeister ist, vertreten. Kreishandwerksmeister Achim Hanisch leitete die Debatte in kleinem Kreis mit der Frage ein, was Europa und die EU eigentlich für das fränkische Handwerk bedeuten.

Im Großen zu wenig, im Kleinen zu viel

Die anwesenden Politiker waren sich einig: Auf den ersten Blick verbinden viele Menschen die Europäische Union mit Vorschriften und Regularien. Vor allem das Handwerk werde zu häufig von den strengen Vorgaben gegängelt. Ein Problem dabei sei, so Thomas Pirner, dass „die Deutschen immer sehr fleißig in der Umsetzung der Verordnungen sind – gerade im Handwerk.“

Da sich andere EU-Mitglieder jedoch mehr Zeit lassen oder bestimmte Vorgaben mit nationalen Ausnahmeregelungen einfach außer Kraft setzen, schwinde der Wettbewerbsvorteil des deutschen Handwerks, erklärt Pirner.

Auf der anderen Seite erinnerten sowohl Pirner als auch Brehm unisono an die Vorteile, die ein geeintes Europa für alle dort Lebenden und die Welt bereithält. Nämlich Stabilität, Sicherheit und Wohlstand. Letzterer wiederum würde sich auch aufs Handwerk auswirken, sofern sich die Entscheider in Brüssel „auf das konzentrieren, wofür sie gewählt wurden“, so Brehm. Der SPD-Politiker weiter: „Die EU regelt im Großen zu wenig und im Kleinen zu viel.“

Maler, Metzger, Feinmechaniker, Gebäudereiniger, Bäcker und weitere Gewerke – alle saßen an einem Tisch und waren einer Meinung: Europa ist gut, sollte sich jedoch um die dringenden Probleme kümmern und das Handwerk in Ruhe lassen. Die Gäste waren sich auch darüber einig, dass ein überreguliertes Handwerk an Produktivität verliere. Die Politiker hörten der abendlichen Runde zwar aufmerksam zu, machten aber klar, dass es trotz der anstehenden Wahl nicht viel Hoffnung auf eine schnelle Änderung spezieller Richtlinien für das Handwerk gebe.

Ein Hauptproblem, das sahen ebenfalls alle Anwesenden so, ist, dass das Handwerk in Deutschland keine Lobby habe und auch in der Politik zu wenig vertreten sei. Denn: Wer wirklich als Handwerker tätig ist, muss arbeiten und habe keine Zeit, für Ämter zu kandidieren, so Karlheinz Rohrwild, einer der Diskussionsteilnehmer. Rohrwild ist geschäftsführender Gesellschafter des Nürnberger Gebäudedienstleisters Dorfner. Unterstützung für seine Aussage kam unter anderem vom Metzgermeister Gerhard Meyer, der den Mittelstand bedroht sieht, sollte die EU sich weiterhin in das Tagesgeschäft des Handwerks einmischen.

Zu Ende geht die knapp zweistündige Diskussion mit einem versöhnlichen Ergebnis. Die Politiker stellen einen runden Tisch in Aussicht, bei dem die Handwerker sich mit weiteren Entscheidungsträgern zusammensetzen können. Pirners Tipp dafür: Setzen Sie die Politik unter Druck und treten Sie als geschlossene Gruppe mit einer Meinung auf. So können wir gemeinsam etwas bewegen.“

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